Eine Arztpraxis ist weit mehr als nur ein Arbeitsplatz; Sie bildet das Herzstück des Gesundheitssystems. Die individuellen Anforderungen an Raum und Fläche variieren stark und hängen von der medizinischen Fachrichtung, der technischen Ausstattung und dem Personalbestand ab.

Baurechtliche Einordnung von Arztpraxen

Es ist von entscheidender Bedeutung zu verstehen, dass Arzt- und Zahnarztpraxen baurechtlich als öffentliche Einrichtungen des Gesundheitswesens eingestuft werden. Dies führt zu erhöhten Anforderungen im Vergleich zu anderen gewerblichen Nutzungen wie Steuerkanzleien oder Büros.

Eine ausführliche Betriebsbeschreibung für Ihre Arztpraxis oder Zahnarztpraxis ist von entscheidender Bedeutung im Rahmen eines Bauantrags. Sie erfüllt nicht nur den Zweck, die Arbeitsweise und die Struktur Ihrer medizinischen Einrichtung zu dokumentieren, sondern gewährleistet auch die Einhaltung aller gesetzlichen Vorschriften und Sicherheitsstandards.

Welche Räume müssen in einer Arztpraxis unbedingt vorhanden sein?

Die Antwort auf diese Frage wird in diesem Artikel behandelt, wobei auch individuelle Anpassungen je nach Fachrichtung und Funktion berücksichtigt werden.

Häufig taucht die Frage auf, wie viele Räume und welche Mindestfläche für einen effizienten Praxisbetrieb benötigt werden. Die Vorstellung, dass auf 89 m² eine gut funktionierende Praxis entstehen kann, mag verlockend sein, doch in der Realität stoßen „Tiny-Praxen“ an ihre Grenzen, insbesondere wenn ein Praxisteam, mehrere Patienten und unterschiedliche Funktionsbereiche berücksichtigt werden müssen. Eine kritische Flächengrenze, die wir empfehlen, liegt bei mindestens 140 m², um den reibungslosen Ablauf einer modernen Arztpraxis zu gewährleisten.

In der Gestaltung einer Arztpraxis als Arbeitsstätte spielen zwei Faktoren eine entscheidende Rolle: die baurechtlichen Vorgaben und die spezifischen Anforderungen der fachärztlichen Grundversorgung.

Baurechtliche Anforderungen

Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) in Deutschland legt die grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsvorschriften für Arbeitsstätten fest. Diese Vorschriften sind auch auf Arztpraxen anwendbar. Darüber hinaus bieten die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) detaillierte Leitlinien für Aspekte wie Raumtemperatur, Bewegungsflächen, Beleuchtung, Lüftung und weitere relevante Punkte.

Praxisräume für die fachärztliche Grundversorgung

Zu den unbedingt erforderlichen Räumen einer Arztpraxis gehören diejenigen, die für die Durchführung der fachärztlichen Grundversorgung unverzichtbar sind. Dabei handelt es sich beispielsweise um Untersuchungsräume, Behandlungszimmer, Wartebereiche und sanitäre Einrichtungen. Diese Räume sind wesentlich für den reibungslosen Praxisbetrieb und die Versorgung der Patienten.

Es ist zu beachten, dass zusätzliche Räume wie ein Arztbüro oder ein Backoffice nicht zu den Anforderungen einer Arztpraxis zählen, wenn es zwingend um baurechtliche Anforderungen geht.

Anforderungen an die Arztpraxis als Arbeitsstätte und baurechtliche Aspekte

Eine Arztpraxis, als Arbeitsstätte, ist mehr als nur der Arbeitsplatz des behandelnden Arztes. Sie ist auch ein Ort, an dem medizinisches Personal wie Medizinische Fachangestellte (MFA) tätig ist. Dies führt zu spezifischen Anforderungen, die sowohl den Vorschriften der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) als auch den baurechtlichen Bestimmungen gerecht werden müssen.

Mindestanforderungen an Räume in einer Arztpraxis

Gemäß der ArbStättV müssen in einer Arztpraxis bestimmte Räume vorhanden sein, um den Bedürfnissen des Personals gerecht zu werden. Dazu gehören das Personal-WC sowie eine Umkleidemöglichkeit für den Wechsel von Straßenkleidung zur Praxiskleidung. Die Dimensionierung dieser Räume und die Bewegungsflächen hängen von der Anzahl der Mitarbeiter innen ab. In Einzelpraxen mit weniger als neun Beschäftigten sind diese Anforderungen in der Regel erfüllt. Ab zehn Mitarbeitern im Innenbereich sind getrennte Umkleide- und Sanitärräume erforderlich. Ein weiterer notwendiger Raum ist der Praxiseingangsbereich, um die Arbeitsstätte zu erreichen.

Baurechtliche Aspekte einer Arztpraxis

Baurechtlich muss eine Arztpraxis barrierefrei gestaltet sein, insbesondere in den für den allgemeinen Besucher- und Benutzerverkehr zugänglichen Bereichen. Dies erfordert die Einrichtung eines barrierefreien Patienten-WCs. Um die bisher genannten Räume innerhalb der Praxis zu erreichen und zu verbinden, ist eine zentrale Praxisflur unerlässlich. Dieser dient nicht nur als Verbindungsweg zwischen den verschiedenen Praxisräumen und -bereichen, sondern auch als Fluchtweg, der zu mindestens einem baulichen Rettungsweg oder direkt ins Freie führt.

Die wesentlichen Praxisräume für den reibungslosen Betrieb

In der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) und den Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) werden zwar die spezifischen Arbeitsbereiche einer Arztpraxis wie Empfangsbereiche, Labore, Untersuchungs- und Sprechzimmer, Lager, Serverräume oder Archive nicht explizit benannt. Dennoch bedeutet dies nicht, dass diese Bereiche nicht von entscheidender Bedeutung für den Praxisbetrieb sind. Tatsächlich sind sie unverzichtbar, da hier diagnostische, therapeutische und verwaltungsbezogene Aufgaben erfüllt und abrechenbare Leistungen erbracht werden.

Es ist wichtig zu verstehen, dass für diese Bereiche zwar keine spezifischen Vorschriften zur Anzahl oder Größe bestehen, jedoch zahlreiche Anforderungen, Regeln und Normen gelten. In Deutschland sind nahezu alle Aspekte geregelt, einschließlich Raumklima, Bewegungsflächen, Beleuchtung und vieles mehr, die für jeden zusätzlichen Arbeits-, Funktions-, Verwaltungs-, Lager- und Technikbereich in einer Praxis relevant sind.

Die Gestaltung und Ausstattung dieser Räume sollte daher sorgfältig geplant werden, um sowohl den reibungslosen Praxisbetrieb als auch die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen sicherzustellen. Die individuellen Bedürfnisse der jeweiligen Praxis, medizinischen Fachrichtung und Patienten sollten dabei stets im Fokus stehen.

Praxisräume nach ArbStättV und ASR

Räume

Fläche Ø

Patienten-WC, barrierefrei 6,50 m²
Personal-WC / Vorraum 3,50 m²
Pausenraum 10,00 m²
Umkleideraum 6,00 m²
Lauf- und Verkehrswege 27,00 m²
Eingangsbereich 12,00 m²

Summe ca.:

65,00 m²

Weitere Praxisräume (variabel)

Räume

Fläche Ø

Empfang 12,00 m²
Garderobe 1,00 m²
Warten 20,00 m²
2-3 Sprechzimmer 45,00 m²
EKG, Ergometrie, Lufu 14,00 m²
Labor, Blut, Infusion 9,00 m²
Schreiben / Backoffice 9,00 m²
Archiv / Lager 5,00 m²
Server-/Technikraum 5,00 m²
Lagerraum 5,00 m²
Putzmittelraum 2,00 m²

Summe ca.:

127,50 m²

Normen und Anforderungen bei der Planung von Praxisstätten

Bei der Planung von Praxisstätten sind zahlreiche Normen und Anforderungen zu berücksichtigen, um sicherzustellen, dass die Einrichtung den höchsten Standards in Bezug auf Gesundheit, Sicherheit und Hygiene entspricht. Diese Vorschriften gewährleisten nicht nur den Schutz von Patienten und Mitarbeitern, sondern auch die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen. Hier sind einige der maßgeblichen Normen und Anforderungen, die in die Planung von Praxisräumen einfließen:

  • Die §§ 3, 50 und 51 der Musterbauordnung (MBO) legen bundesweit gültige baurechtliche Anforderungen an Gebäudefest, die in Sachsen relevant sind und somit auch für die Planung von Praxisstätten in ganz Deutschland berücksichtigt werden müssen.
  • Die Trinkwasserverordnung (TrinkwV) enthält Vorschriften zur Qualität und Hygiene des Trinkwassers, das in einer Praxis verwendet wird.
  • DIN 18040-1 und DIN 18040-2 stellen Anforderungen an barrierefreie Gebäude und Zugang, um sicherzustellen, dass sie für alle Menschen zugänglich sind, unabhängig von ihren körperlichen Fähigkeiten.
  • Die DIN EN 81-70 regelt die Anforderungen an den barrierefreien Zugang und die Nutzung von Aufzügen in Gebäuden.
  • Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) legt Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten fest und ist insbesondere in medizinischen Einrichtungen von großer Bedeutung.
  • Die TRBA 250 (Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und der Wohlfahrtspflege) und die Biostoffverordnung (BioStoffV) regeln den Umgang mit biologischen Arbeitsstoffen in Gesundheitseinrichtungen.
  • Die Verordnung über Arbeitsstätten (ArbStättV) enthält Mindestanforderungen an Arbeitsstätten, die auch in der Arztpraxen anwendbar sind.
  • Die Verordnung über die Hygiene und Infektionsprävention in medizinischen Einrichtungen (MedHygVO) legt besondere Hygieneanforderungen für medizinische Einrichtungen fest.
  • Die Vorgaben der LAGA (Vollzugshilfe zur Entsorgung von Abfällen aus Einrichtungen des Gesundheitsdienstes) betreffen die fachgerechte Entsorgung von Abfällen aus Gesundheitseinrichtungen.
  • Richtlinien und Empfehlungen des Robert Koch-Instituts (RKI) und der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) bieten Leitlinien zur Infektionsprävention und Hygiene.
  • Die VDI 3818 „Öffentliche Sanitärräume“ legt Standards für die Gestaltung und Ausstattung von Sanitäranlagen fest.
  • Die raumlufttechnischen Anlagen sind gemäß DIN 1946-4, VDI 6022 und DIN EN 16798-3 zu planen, um eine gesunde Raumluftqualität sicherzustellen.
  • Die VDI 6023 regelt die Hygiene in Trinkwasser-Installationen, um die Qualität des Trinkwassers in der Praxis zu gewährleisten.
  • Das DVGW-Arbeitsblatt W551 enthält technische Maßnahmen zur Verminderung des Legionellenwachstums im Trinkwasser.

Die umfassende Berücksichtigung dieser Normen und Anforderungen ist entscheidend, um eine Praxisumgebung zu schaffen, die höchsten Qualitäts- und Sicherheitsstandards entspricht und gleichzeitig den Bedürfnissen von Patienten und medizinischem Personal gerecht wird.