Praxismietvertrag – Vermieter befürchtet Behörden-Stress

Manche Vermieter sind nicht sonderlich begeistern, wenn sich ein niedergelassener Mediziner in ihrer Gewerbe-Immobilie einmieten will. Dies trifft dann auch für den Praxismietvertrag zu. Vor allem, wenn das Gebäude in den 1990-er Jahren umgebaut und modernisiert wurde. Zieht jetzt eine Arztpraxis ein, sind bauliche Veränderungen erforderlich. Samt einer aktuellen Baugenehmigung, denn die letzte wurde vor 20 Jahren erteilt. „Ändert sich nun in der einen Mieteinheit etwas am Brandschutzkonzept, an den Rettungswegen oder, oder – kann es passieren, dass das gesamte Gebäude mit seinen 20 bis 30 Mieteinheiten von den Behörden nochmals zur Prüfung gestellt wird“, sagt Holger Brummer von Heilberufe Projekt UG in Leipzig. Solche Situationen hat er als Praxenplaner in Leipzig und Dresden schon mehrfach erlebt. Das bedeute richtig Behördenstress für den Eigentümer, denn zunächst werde das Brandschutzkonzept einer Etage betrachtet, dann das des gesamten Gebäudes. Plötzlich sieht sich der Eigentümer mit erheblichen Änderungen an Rettungswegen usw. konfrontiert und mit Forderungen überhäuft. „Wahrscheinlich bügeln die Behörden damit ihre eigenen Fehler von vor 20 Jahre aus“, vermutet Brummer. Es gebe auch Vermieter, die mit solchen Situationen nicht rechnen. Dann passiere es wie oben beschrieben.

Praxismietvertrag – Alles eine Frage der Miethöhe

Wieviel Miete kann und möchte ich künftig für meine Praxis zahlen? Das ist der Knackpunkt für jeden Arzt, der nach einem neuen Standort Ausschau hält. Mal angenommen, er stößt bei seiner Suche auf eine schicke Gründerzeitvilla, die demnächst saniert werden soll. „Dann“, so Mietrecht-Anwalt Carsten Ludley von der Kanzlei Derckx & Kollegen in Leipzig, „wäre es womöglich eine Verhandlungs-Variante, die Räumlichkeiten lediglich als veredelten Rohbau anzumieten und den kompletten Innenausbau selbst zu übernehmen.“ Wenn man sich über die Kosten im Klaren ist, wäre das in einer Niedrigzinsphase eine Überlegung wert. Kann durchaus sein, der Investor plant zunächst sein Standard-Programm mit Räumen, die als Universalbüros auf den Markt kommen sollen. Nimmt man ihm diese Kosten ab, wäre er vermutlich auch bereit, bei der Miete Kompromisse einzugehen.

„Doch in der Regel haben Investoren Interesse an einer langen Vertrags-Laufzeit mit einem hohen Mietzins“, meint Carsten Ludley. Denkbar aber auch, der Eigentümer – ein Projektentwickler oder ein Fond, der im Ausland sitzt -, möchte das Objekt nach kurzer Zeit abstoßen. Für ihn gibt es dann keinen Grund, sich auf die Idee mit dem veredelten Rohbau und reduziertem Mietzins einzulassen.

Checken, was der Vermieter vorhat

Dann ist es aussichtsreicher, dem Investor eine höhere Miete anzubieten, wenn er den Ausbau der Räume übernimmt. „Generell“, so der Fachanwalt, „empfiehlt es sich, zuerst die Interessen des Vermieters in Erfahrung zu bringen.“ Was hat er vor, will er die Immobilie für den eigenen Bestand erwerben und sucht Mieter, die er dort halten möchte? Dann interessiert ihn eine lange Laufzeit, ein gutes und vor allem stabiles Mietverhältnis. Gut möglich, dass er dann bereit ist, dem Mieter den kompletten Innenausbau zu überlassen und dafür Abstriche an der Miete in Kauf zu nehmen. Aber auch bei einem veredelten Rohbau müssen bestimmte Eckpunkte fixiert werden. Beispielsweise Anschlussstärken für die Stromleistung, die Art und Weise der Heizung, Schallschutz, Wärmeschutz und mehr.

So oder so müsse klar sein, wo die Schmerzgrenze für den Arzt liegt. Alles hat seine Vor- und Nachteile: Übernimmt der Vermieter im Praxismietvertrag den Innenausbau, habe er auch die Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht. Baut der Mieter selbst aus, obliege ihm auch die Instandhaltungspflicht. Außerdem sollte auch das gedanklich eingepreist werden: Mietet der Mediziner einen veredelten Rohbau, muss er am Ende des Vertrages höchstwahrscheinlich zurückbauen. Ist dies im Mietvertrag nicht ausdrücklich extra geregelt, sollte es bei den wirtschaftlichen Überlegungen mit bedacht werden.

Vermieter besteht auf Rückbau im Praxismietvertrag

Ein Fall des Anwalts aus der jüngster Zeit: Die Ärzte einer kieferorthopädischen Praxis haben einen veredelten Rohbau angemietet. Bei Vertragsgesprächen verhandelten der Anwalt und seine Klienten das Thema Rückbau mit extrem harte Bandagen. „Der Vermieter hat sich dennoch auf nichts eingelassen“, so Carsten Ludley. Er meinte, es seien Universalräume, also universell einsetzbar. Endet das Mietverhältnis nach 10 Jahren, wisse er nicht, ob wieder eine Kieferorthopädie oder überhaupt ein Arzt einzieht. Die Mediziner hatten z.B. unter der Decke Kühlplatten installiert, Spezialanfertigungen für diesen Raum. Nimmt der nächste Mieter eine andere Nutzung vor, sind diese Platten für den Vermieter am Ende nur noch Schrott.

Interviewpartner, Rechtsanwalt Carsten Ludley
Carsten Ludley ist seit 1997 Rechtsanwalt und seit 1997 in der Kanzlei Derckx & Kollegen tätig. Seit 2006 Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht mit Schwerpunkt Praxis-Mietvertrag und Mitherausgeber der NZM (Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht).
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